Wellen, sanft
wie gleichmäßige Flügelbewegungen einer großen Vogelschar
Sonnenstrahl vergoldet
Himmelazur bespiegelt.
Unser Boot karessiert von sanfter Bewegung
im zarten Klang des Meeres
küssen wir uns.
Seite 2 von 10
und der Klau der hat Finger
und die trägt er an der Hand
und KI hat große Greifer
doch die Greifer sieht man nicht
Ach, es sind des Klaue´s Finger
flink wenn er Ideen stiehlt
KI braucht keine Handschuh
denn sein Abdruck sieht man nie
Und im Kopfe die Ideen
Kreativen fällt vieles ein
Es ist ihre Fantasie und Können
Doch sie wissen: der Klau geht um.
Inspiriert von und frei nach Bertolt Brecht, Moritat von Mackie Messer (Drei Groschen Oper)
Er blickt auf Jahre, als Zeit nicht auf seiner Seite war. Jahre verronnen wie feiner Sand in einer Sanduhr.
Nur er konnte nicht umdrehen und einen anderen Weg wählen.
An manche Jahre erinnert er sich nur vage, weil er auf SUCHT-Modus gestellt war, unfähig seinen Stillstand wahrzunehmen, in dem vieles verloren ging, auch das, was er bereits fest in den Händen gehalten hatte.
Dann Jahre, in denen er versuchte, sich selbst wiederzufinden.
Wann hatte die Suche begonnen und was suchte er?
Hätte er es gefunden, wüsste er das.

© all rights reserved by Gabriele Fischer -Visaggio, Tusche, Wachs, 21 x 29 cm, 2023
Anfang August fingen die unsichtbaren Käfer
zu scharren und das Gras war zäh wie Hanf und hatte
wenig Farbe – so wenig wie der Sand eine hatte
und wir hatten unsere nackten Füße seit dem zwanzigsten Juni nackt getragen und es gab Zeiten
da hatten wir vergessen, deinen Wecker aufzuziehen und an manchen Abenden tranken wir unseren Gin warm und pur aus alten Senfgläsern während die Sonne unserm Blick entschwand wie ein roter Pleureusenhut
und einmal band ich mir das Haar mit einem Band zurück und du sagtest, ich sähe beinahe aus wie eine Frau aus Siedlerzeiten.
und woran ich mich am besten erinnere ist,
dass die Tür zu deinem Zimmer die Tür zu meinem war.
Anne Sexton aus: All mein Lieben/Lebe oder stirb: Gedichte- Fischer Verlag 3100725107
Übers. Silvia Morawetz/ Fischer Verlag
Veröffentlicht: Kunst-Kultur-Literatur Magazin, # 46
Ein unabhängiges Online-Magazin für Kunst, Kultur und Literatur by Jens Faber-Neuling
Ausschreibung November 2024 „Traum, Realität, Wirklichkeit“
Seit Tagen kann Nora nicht schlafen. Zwischen den Lamellen der Jalousie wirft die Straßenlaterne helle Lichtpunkte an die Wand, daneben die Lichtmuster der Scheinwerfer von Parkplatzsuchenden, die mit dem Abstellen des Motors erlöschen, nicht aber ihre Gedanken.
Warum hat Johannes die Beziehung, ohne Gründe zu nennen, beendet? Er wollte sich nicht erklären müssen, wollte auch keine Aussprache, hatte sie auf allen Social-Media-Kanälen blockiert.
In Endlosschleife hat sie nur einen Gedanken: Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich muss hier weg, raus aus dieser Wohnung, weg!
In dieser Nacht springt sie aus dem Bett, zündet sich eine Zigarette an, drückt sie nach ein paar Zügen wieder aus.
Hektisch zieht sie sich an, rafft einige Kleidungsstücke und Kosmetika, wirft alles in eine Reisetasche, greift Wohnungsschlüssel und Geldbeutel, beides liegt auf dem Schuhschrank im Flur, reißt die Wohnungstür zum Treppenhaus auf. Abschließen? Warum auch? Sie rennt die Stufen hinunter. Die Haustür steht weit offen, wie immer, keiner der Hausbewohner hat den Türstopper gelöst.
Hastig rennt sie, mit dem in ihrem Kopf manifestierten Gedanken, weg, weg, durch den Park in Richtung Hauptbahnhof, den sie schon sehen kann.
Die Bahnhofshalle ist um diese Zeit menschenleer. Auf Gleis 1 ebenerdig steht ein ICE.
Wie in Trance steigt sie ein. Atemlos lässt sie sich in ein leeres Abteil gleich links neben der Eingangstür in einen Sitzplatz sinken, ihre Reisetasche wirft sie auf den Nebensitz.
Fast schon erleichtert atmet sie tief aus, lehnt sich zurück, schließt die Augen.
Wohin sie fährt, ist ihr egal, auch dass sie keinen Fahrschein gelöst hat. Sie will einfach nur weg.
Als der Zug mit quietschenden Bremsen zum Halten kommt, schreckt Nora auf. Sie war eingeschlafen, draußen ist es schon hell.
Sie greift nach ihrer Tasche und steigt aus.
Schlaftrunken steht sie auf dem Bahnsteig. Verhalten lächelt sie, als sie auf dem Bahnhofsschild liest, dass sie in den Bergen ist.
Mit leichteren Schritten als noch vor einigen Stunden verlässt sie den Bahnhof.
Die kleine Stadt hat den Tag schon begonnen. Ladentüren stehen offen, Werbeschilder auf den Bürgersteigen.
Vor einer kleinen Bäckerei stehen Tische. Nora setzt sich, bestellt Kaffee und ein Croissant. Nach dem ersten Schluck Kaffee ist sie entspannt, innerlich ganz ruhig, beobachtet, wie die Straße lebendiger wird.
Als sie zahlt, fragt sie nach einer günstigen Unterkunft. Freundlich erklärt ihr die Bäckerin den Weg zu einem kleinen Hotel: „Sie können es nicht verfehlen: ein weißes Gebäude mit blau gestrichenen Fenstern und Türen.“
Es ist warm geworden. Sie schwitzt leicht, als sie vor das weiße Haus mit den blau gestrichenen Fensterrahmen tritt. Über der blauen Tür ein Schild „Blue Hotel“.
Die Rezeption ist nicht besetzt. Nora sucht nach der Damentoilette, zu Hause hatte sie sich nicht gewaschen, wenigstens ihr Gesicht möchte sie etwas frisch machen und Zähne putzen, bevor sie eincheckt.
Schon beim Eintreten hört sie eine Frauenstimme: „Warte, ich helfe dir! So, jetzt hast du es geschafft.“
Nora dreht sich erstaunt um, als eine betagte Dame allein aus einer der Toilettenkabinen kommt und sie fragt: „Sind Sie ein neuer Gast?“
„Die Rezeption war nicht besetzt, aber ich bleibe“, erklärt sich Nora. „Schön, dann kommen Sie doch heute Abend zu mir auf einen Tee, Zimmer 3. Ich bin Dauergast in diesem Hotel.“
Mit einem Papierhandtuch trocknet Nora ihr Gesicht, vielleicht antwortet sie leise, danke.
Dann öffnet sie die Tür zur Empfangshalle. Die Rezeption ist jetzt besetzt.
Sie bucht eine Übernachtung.
Der Schlüssel für Zimmer 4 wird ihr mit einer Bemerkung ausgehändigt: „Lassen Sie sich nicht von unserem lieben Gast Frau Hold verunsichern, sie führt seit Jahren Unterhaltungen mit ihrem verstorbenen Ehepartner.“
Woher kommt das laute Klingeln und Klopfen? Nora schreckt auf – schaut verwirrt um sich.
Sie ist zu Hause in ihrem Bett und hatte nur geträumt.
Als sie die Jalousie ihres Schlafzimmerfensters hochzieht, das Fenster öffnet, weiß sie, loslassen ist ihr Neuanfang.
Im Land meiner Träume wollten wir uns wiedersehen.
Die Türme sind eingestürzt.
Ein Monster trampelt über Köpfe, schonungslos.
Sein stinkender Atem verseucht das Land
verbreitet sich über Grenzen und Ozeane.
Beschmutzt dein Sternenbanner, Betsy Ross.
by Jens Faber- Neuling- Coaching, Training und Beratung
kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin,
Ein unabhängiges Online- Magazin für Kunst, Kultur und Literatur.

Demut und Wehmut tanzen zu fröhlichen Klängen in alten Gemäuern.
Durch Fenster, Blicke zum Garten hin
da wachsen üppig die Blumen im Sonnenschein.
Bäume, alt und grün, erinnern sich
Der Wind bläst in der Gegenwart.
Gang durch ein Gedicht
Treten Sie ein.
Genieren Sie sich nicht.
Schon sind Sie mitten
in einem Gedicht.
Gehen Sie weiter.
Bleiben Sie nicht steh’n,
damit Sie die Verse
bis zum Ende seh’n.
Seien Sie locker
und nicht so bang.
Schlendern Sie entspannt
die Zeilen entlang.
Atmen Sie ruhig.
Laufen Sie nie.
Hast ist die Feindin
der Poesie.
Betrachten Sie noch
einmal mit Bedacht,
was der Autor sich
für Sie ausgedacht.
Nun sind Sie bereits
am Ausgang des Gedichts
und sehen betroffen:
Eigentlich nichts.
Wenn die braun gefiederte Greifvogelschar über das Land fliegt
ihre zum Haken gekreuzten Schnäbel öffnen und krächzen. Nahrung für ihre eigene Brut suchen.
Stehen Starke und Mutige auf, bereit, Freiheit und Gleichheit zu verteidigen.
Unser Horizont soll sich nicht braun färben.
© all rights reserved by Lyra 2023