bittersüß manchmal provokant

Kategorie: Lyras – Words (Seite 5 von 9)

Nebelmorgen

so hell und lichtvoll, habe ich es in keinem Jahr empfunden

drückende Traurigkeit und Wehmut fern – meine Seele frei – überrascht lächele ich

Kein schwanken zwischen Leichtigkeit und Melancholie,

kein ertrinken im Wasser des Nebels

Ich jubele.

Veröffentlicht: KustKulturLiteratur Magazin #kkl


© by Gabriele Fischer- Nebelmorgen-Tusche, Kohle, Acryl, Bleistift, Asche ,75×56 cm


Blogger Gilde

Inspiriert durch Ray Bradbury´s Kurzgeschichte mit dem Titel: Fahrenheit (Original: The Fireman veröffentlicht 1951)

Rotstift

Morgendämmerig – gähnende Synapsen warten auf die Wirkung von Koffein, lassen den roten Zaun vor dem Fenster durch die Dunstglocke meiner Gedanken schemenhaft ins Blickfeld. Rot, genau, mit Rotstiftstift die letzten Wochen streichen wie in der Schule, eine Bemerkung am Heftrand, Thema verfehlt. Die Herzregion meldet sich – give it another chance.

Achtsam

Melodie im Wind
gefärbtes Blattwerk rockt
achtsame Schritte auf feuchtem Laub
denke nicht an Sommertage
nur keine unsanfte Landung

Foto 2022 © by Lyra all rights reserved

Produktanalyse kurz und ruppig

Ich verstehe ja, dass die Schweizer auf ihre Erfindungen stolz sind.

Zum Beispiel die dreieckige Schokolade am Stück, jedoch mit Kerben zum Einzelverzehr, die das Matterhorn symbolisiert.

Als Schokoladen-Junky kann ich nach einem Schnitt am Zeigefinger und dessen Erstversorgung
wegen des abrutschenden Messers beim Portionieren letztendlich eine dreieckige Portion probieren, hart, aber süß, ich beiße darauf herum, verrenke mir den Kiefer, was meinem Gesichtsnerv nicht schmeckt, und gereizt reagiert.

Nach Tagen mit Wärmflasche auf meiner Wange traue ich mich an das nächste Produkt, den Schweizer Kuss, Geschmacksrichtung Alpenkräuter – wer hat’s erfunden – diesmal verläuft der Test ohne Verletzung, aber ohne Genuss-Explosion – „Auf der Alm, da gibt’s kan Sünd’.“ – verstehe eine Zeile aus dem Gedicht „Alpenunschuld“ von Johann Nepomuk Vogl, jetzt wirklich gut.
Eine passende Bewertung fiel mir nicht ein, während ich eine Mundspülung mit Wasser durchführe, um den Kräutergeschmack loszuwerden.

Fazit: Einige Produkte werden im „Ausland“ nicht gut angenommen.

© by Lyra Juli 2023

Gedenktage

Alles schön geplant, das Datum festgelegt, Einladungen verschickt. Eingeladene vergessen die Veranstaltung nicht,
sitzen, mit ernsten Mienen von dumpfer Marschmusik in Szene gerückt, neben Opfern, Hinterbliebenen deren Schmerz niemand kennt, beraubt von einem Leben ohne Angehörige.

„Wir dürfen nie mehr zulassen, dass Gleiches noch einmal geschieht und nicht vergessen“- tönt der Redner mit Trauermiene nach dem Marschmusikentree- „Du hast den Farbfilm vergessen“.

Opfer und Hinterbliebene am Rednerpult verkaufen einen Ablassbrief für das Geschehene, um Politik, Redner und geladene Zuhörer ein abgerundetes Event abzuliefern und der Presse, Stoff und Bilder, für die wenigen mitfühlenden Leser.
„Was war, war. – Wir können die Welt nicht retten“.

Das darf nie mehr geschehen und nicht vergessen werden, die Scheinheiligkeit nimmt ihren Lauf während Kriege, Folter, Diskriminierung, Rassismus in jeglicher Form, Demütigung und Ausgrenzung in unseren Straßen und hinter unseren Grenzen geschieht und Vorkommnisse sich mehren!

Regen


Wenn Wolken mit der Sonne spielen, wie Kinder fangen – sie einholen und transparent bedecken – das Spiel wilder wird sie sich aufblähen, verdunkeln – schwerer werden in gedrosselter Bewegung über die Sonne schieben – lächelt die Sonne noch leicht und warm, wissend um den Sieg der Wolken, die ihre Hüllen öffnen werden und Regen als Perlen über Fenster rinnen und auf Blätter winzige Seen entstehen lassen – ich sehe einen Schmetterling mit leicht zarten Flügelbewegungen atmen und Perlen trinken. Voller Wunder, diese Welt.

Regenperlen © by Lyra August 2023

James- we are friends for a very long Time!

Mondsüchtig

Um 4 Uhr 4 hellwach, trinke ich den ersten Schluck Kaffee auf dem Balkon, meine Augen magnetisiert, angezogen vom Planeten der Meere, bewegt – Gedanken an vergangene Tage vom magischen Strahl des Mondes, der auf mich gerichtet ist wie ein Spotlight, ausgelöscht –, ganz fest stehe ich auf dem Boden in der Gegenwart, dem Universum nah und verbunden. Sekundenlang fühle ich mich ganz.

Süchtig nach diesem Gefühl wache ich in Vollmondnächten aus dem Schlaf auf, ganz gleich in welchem Land oder Ort ich gerade bin, genau wie einst, als ich noch an den Mann im Mond mit seinem Reisigbündel auf dem Rücken glaubte.

Dancing in the Moonlight, auf den nächsten Vollmond wartend.

© by Lyra

Flucht – die es immer gab und Allgegenwärtig

Teil 1: – Was vorher war

Der Sommer war für die 8-jährige Rosa unbeschwert. Bedrohungen schwiegen noch. Fühlen und empfangen, wortlos, glücklich, frei, kindlich. So erzählte sie es mir.

Schon morgens läuft sie barfuß in Shorts aus dem Haus, an den Rosen vorbei, die an der Hauswand den Giebel hochklettern, rechts neben der Haustür, rot, süß duftend, für ihre Mutter vom Vater gepflanzt – schweigend und liebevoll.

Rennt auf dem ungepflasterten, leicht ansteigenden Weg hoch, die Chaussee überquerend, zu den Nachbarskindern, Zwillingen. Sie mochte Buggi lieber als Wernie.
Setzte sich selbstbewusst an den Küchentisch und ließ ihre Beine baumeln.
Auf dem Tisch steht schon ihr emaillierter Becher, den sie so gerne mag und den Oma Devot schweigend mit Kinderkaffee, einer Mischung aus viel Milch von der Kuh Emma und Gerstenkaffee, füllt.
Werni und Buggi grinsten sie an – es war ganz normal, dass sie mit am Tisch saß, sie gehörten zusammen.
Morgens wurde kaum gesprochen in der hellen Küche mit dem großen Holzkohleherd.
Oma Devot, dicklich, mit schwarzer langer Schürze um den fülligen Bauch, das dünne, graue Haar aus dem immer glänzenden, leicht schwitzenden, blassen Gesicht, straff nach hinten zu einem Knoten gebunden.
Schweigend, liebevoll, schon das Mittagessen für ihre Familie vorbereitend.

Teil 2: – 23. Oktober 1960

Der Tag vor dem Geburtstag ihrer Mutter und gleichzeitig der Hochzeitstag ihrer Eltern.
Sie durfte, obwohl es Sonntag war, und am nächsten Tag eigentlich Schule bei ihren Großeltern übernachten.
Abends vor dem Zubettgehen kniete sie, um den Tisch zu erreichen, auf der Ofenbank vor dem großen Kachelofen, der noch nicht beheizt war, und malte.
Am nächsten Morgen sollte früh aufgestanden werden für die Reise nach West-Berlin zur Tante.

Teil 3: Die Reise

Der Morgen des Reisetages. Ganz schnell sollte sich Rosa anziehen.
Sie wollte den Pullover nicht über dem grünen Strickkleid tragen.
Könnte abkühlen bis zur Rückfahrt, meinte Oma, und duldete kein weiteres Herumgehäule.
Die gerippte Strumpfhose fühlte sich leicht feucht an, die war von der Tante aus dem Westen.
Oma hatte sie wohl noch am Abend zuvor gewaschen, dachte Rosa, leise vor sich hin schluchzend, noch wegen des Pullovers.
Ihr kamelhaarfarbener Wintermantel, mit den weißen Knöpfen zweireihig, lag auf einem Stuhl bereit.
Ihr kleiner roter Kinderkoffer mit den weißen Punkten, in dem sie am abend vorher  ihre Puppe Susi und ihren Teddibär zum schlafen gebettet hatte stand geschlossen neben dem Stuhl.

Zurückblickend auf diesen Tag wurde Rosa eines klar: Mehr als das, was sie am Körper trug, durfte sie nicht mitnehmen. – Eine Republikflucht sollte nicht erkannt werden.
Oma stand mit dem Rücken zu ihr in ihrem langen, weißen Nachthemd mit Blümchen, ihre Schultern bebten.
Sie ahnte, Oma weinte, schweigend, lautlos.
Es blieb ihr keine Zeit, wegen der Tränen zu fragen.


Ein Auto hupte, ihre Eltern warteten schon vor dem Haus. Sie lief durch den langen Laubengang zur Straße.

Der Vater lächelte.
Hielt die Tür zur Rückbank auf – schweigend.
Sie kroch auf den Rücksitz. Mutter, gut gelaunt, drehte sich zu Rosa nach hinten um und wünschte ihr einen guten Morgen.
So dick bekleidet, mit dem Mantel über dem Kleid und dem Pullover, der feuchten Strumpfhose,  die kratzte, auch ihr Kleid, gestrickt von Oma, saß Rosa unbequem.

Sie fühlte sich allein und unwohl.

Oma stand neben dem Auto im Nachthemd, winkte, Tränen liefen über ihre Wangen.
Rosa war den Tränen nahe.
Ihr Magen und ihr Brustkorb drückten, als würde ihr Inneres versteinern.
Schweigen, bis der Vater losfuhr: „Nicht umschauen – schlechtes Omen“, hörte sie ihren Vater sagen. Rosa schluckte die aufkommenden Tränen zurück in ihren verkrampften Hals.
So begann die Flucht aus der DDR am 24. Oktober 1960.
Auch ihre Träume beginnen an diesem Tag. Sie sieht sich im Alter dieses Tages rufend den Laubengang zum Haus ihrer Großeltern laufen: „Ich bin wieder da!“

Als die Mauer am 9. November 1989 in Berlin fällt , darf Rosa zurück nach Hause – das kein Zuhause mehr war.

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